EDS 1000-2 Selbstbauprojekt – zwei Spieler auf einen Schlag

Noch einmal einen Plattenspieler selbst bauen? Warum nicht!!
Als ich den  EDS1000 Motor vor einigen Wochen erstmals zur Reparatur in der Hand hatte, war es eigentlich schon klar: damit muss ein Spieler ganz nach den eigenen Vorstellungen gebaut werden.
Und als dann an einem Tag ein einzelner Motor auf Kleinanzeigen auftauchte

und unabhängig davon ein gut erhaltener Dual CS701 zu erstehen war, sollte es der Startschuss zu einem spannenden Projekt werden.

….Bild in ebay Kleinanzeigen

Mit Papier, Bleistift, Lineal und Zirkel enstanden die ersten Skizzen und Vorgaben. Es sollte alles einfliessen, was ich mir schon immer an einem Spieler dieser Art gewünscht hatte……
Tja, und dann war der erstandene Dual CS 701 ein Glücksgriff. Aber der Reihe nach, wie mit dem Erwerb eines alten CS 701 zwei tolle Spieler entstehen…….

Einleitung
…unter der kaputten Haube sah es schon netter aus

Das Auftreiben eines Dual CS-701 ist heutzutage gar nicht mehr so einfach. Es war der erste Direkttriebler (DD), den Dual mit den fast zu erwartenden Kinderkrankheiten auf den Markt brachte.
Der Motor stammte von der Fa. Pabst (für Dual im gleichen Ort um die Ecke) und hiess schlicht EDS 1000.
Neben dem Direktantriebskonzept zeichneten den Spieler aber noch andere Dinge aus, die ihn – immer noch – zu einem Liebling der Dualgemeinde werden liessen:

Bauweise eines ‚Panzers‘, alleine Motor und Teller bringen stolze 4.5kg auf die Waage, der gesamte Spieler etwas über 10kg
– das Drehmoment des Motors – Kraft ‚ohne Ende‘
– ein schwerer Teller, der exakt gewuchtet ist und Stroboskop-markierungen an der Unterseite trug.
Damit ist er zeitlos schlicht!
– ein ausgetüftelter Tonarm, der weit unterschätzt wird und mit einem modernen System zur Hochform aufläuft

Der Verruf des Spielers entstand aus dem ersten Elektronikkonzept, dass sich nicht als langzeitstabil erwies. Deshalb kam mit dem Nachfolger (Dual CS 721) ein Motor mit überarbeiteter Elektronik auf den Markt –
der EDS 1000-2.

Es schwebte dem Schreiber die Kombination von EDS 1000-2 Motor und Teller des Dual CS701 als Grundlage des Projektes vor…….

Erwerb der notwendigen Teile

Es ist wieder eine anrührende Geschichte, wenn man so alte Geräte erwirbt.
Nachdem vormittags der defekte EDS 1000-2 überarbeitet war (s.u.), ging nachmittags die Reise in einen netten Ort nahe bei Köln.

Schneefall auf der Strecke, rasch wechselnde Temperaturen und dann ein verwinkelt gebauter Ort, der das Navi überforderte, schmälersten nicht die Aussicht auf einen interessanten Spieler.

Der Verkäufer winkte mich mit seinem Sohn auf dem Arm in einen historisch gestalteten Innenhof eines älteren Gebäudekomplexes.
Ein ‚herzliches willkommen‘ (!!) (trotz 45 Minuten Verspätung), und dann stand das gute Stück auf der Küchenzeile.
Ein neugieriger junger Mann verfolgte das Gespräch von Vater und dem „Fremden“ etwas argwöhnisch, aber durchaus interessiert.
Der Dual stammte aus dem Nachlass des Onkels des Verkäufers, der sich der Seltenheit des Spielers und seinem potentiellen Wert durchaus bewusst war.

In Windeseile erzählte ich alles, was ich über die Firma Dual im Allgemeinen und den CS701 im Speziellen wusste. Ruckzuck waren fast eine Stunde herum, bevor es mit dem Spieler und einem sehr netten Kontakt im Hinterkopf wieder nach Hause ging.

Technisches Konzept

Direktantrieb mit 1 oder 2 schweren Tellern auf Basis des EDS 1000-2
– Bauweise für 2 12′-Tonarme oder wahlweise 9′ Tonarme
– Variabilität der Tonarme incl. Höhenverstellung und VTA Justage
einfache Bedienung und Übernahme des Dualkonzeptes
– optische Stroboskopanzeige
digitale Drehzahlanzeige
Echtholzzarge
– Einfliessen aller bisher gemachten Erfahrungen

Entscheidung pro Dual

Der erworbene Dual war technisch in so einem guten Zustand und auch optisch nach der Aufarbeitung so chic, dass ich ihn nicht ‚geschlachtet‘ habe, sondern einfach einen Teller solo erwarb, um das geplante Projekt umzusetzen.

Vorarbeiten
Reparatur des EDS 1000-2 Motor

Es sind sehr viele Anleitungen im Netz zu finden, wie dem defekten Motor wieder auf die Sprünge zu helfen ist. Dieser Motor lief viel zu schnell, so dass ein elektronisches Problem vorliegen musste.

EDS 1000-2 elko
….5 neue Elkos aus aktueller Fertigung (die stehenden dunkelblauen)

Ohne lange zu fackeln, wurden 5 Kondensatoren getauscht – und danach lief er tadellos und mit viel geringerer Stromaufnahme (40 – 50mA).
Zuvor wurde der Motor mechanisch zerlegt, die Achse poliert und die Gleitlager gereinigt. Das untere Lager wurde mit MOS2-Fett gefüllt.

Bearbeiten des Tellers
….der matt angelaufene Teller….
…. fast Spiegelglanz nach der Bearbeitung…

Wie üblich war der Teller ordentlich ‚angelaufen‘ und nicht so wirklich schön anzusehen. Aus der Erfahrung mit den Zakmag-Teller von Thorens half ich der Optik mit einem Polierbock und einer eigens entwickelten Rezeptur auf die Sprünge.
So sieht er wieder richtig chic aus.

Elektronik

Für den geplanten Betrieb schwebten mir einige Gimmicks vor, die zusätzliche Elektronik nötig machten:

– Ersatz der Glimmlampe durch ein 200Hz Stroboskop auf NE555 Basis
– Umrüsten der mechanischen Bedienung auf relaisgesteuerte Anschlüsse
– Einbau einer Reflexlichtschranke auf CNY Basis zur Drehzahlmessung
– kleines Mikrokontrollerboard zur Messung der Drehzahl und Ausgabe über eine 7-Segmentanzeige.

Die 4 kleinen Einheiten wurden auf einer Platine in der ersten Ebene positioniert, so dass sie im Servicefall schnell erreichbar waren. Auf Einzelheiten gehe ich hier ausnahmsweise einmal nicht ein.

…auf der kompakten Platine werden die Motorkabel und weitere Verbindungen über Stecker hergestellt….

Mit den beiden Trimmern in der Mitte werden die Stroskop-Frequenz und die Helligkeit der LED’s an Stelle der Glimmlampe eingestellt. Erwähnenswert: es entfällt die Abhängigkeit von der (schwankenden) Netzfrequenz! Dieses Stroboskop basiert auf einem NE555.

Der Komparator des Hallsensors wurde auf die externe Platine umgesiedelt, da die Signalverarbeitung stabiler ist.

Ein Arduino nano und ein ULN2803 erledigen das digitale Schalten und das Messen.

Die Relais unten übernehmen die Schaltfunktion des Drehschalters zur Wahl der Geschwindigkeiten.

Planung der Höhen der einzelnen Bauteile

Das ist ein wiederkehrendes Thema beim. Selbstbau: die Tonarmbasis muss oft tiefer gesetzt werden, um den VTA vernünftig einstellen zu können.

Mit Messschieber, Papier, Bleistift und Taschenrechner gelang es dann aber.

Die Deckplatte besteht aus der späteren Acrylglasabdeckung, zwei 20mm Tischlerplatten und der Aufnahme mittels entkoppelnden Bauteilen.

Die Zarge wurde ebenfalls aus Tischlerplatte hergestellt und mit Elsbeerenfurnier versehen, das abschliessend gewachst wurde. Damit wird der Holzton nicht zu sehr angefeuert.

Schlussaufbau

Der Hallsensor sitzt um 180 Grad versetzt  zum Stroboskop, und tastet die winzigen Magnete unter dem Teller ab.

Das Stroboskop arbeitet grün mit 200Hz

Die Elektronik verschwindet samt 7-Segmentanzeige in bzw. unter dem Bedienfeld.

Die Tonarmbasen sind tauschbar und vorerst mit einem Sorane und Schicktonarm bestückt.

Fazit

Es hat mächtig Spass gemacht, mit diesem famosen – noch nicht quarzstabilisierten – Motor zu experimentieren.
Das gesamte Konzept hat sich bewährt und klanglich ist das Neviau erstaunlich. Vielleicht spielt hier auch die erstmals verwendete Tischlerplatte dem Klang in die Karten.

Auf jedem Fall steht ein echter ‚Hingucker‘ in der Anlage.

Und die Drehzahlkonstanz: erstaunlich, wie der Motor die Drehzahl hält! Einmal mit den Pitch-Potis eingestellt läuft und läuft und läuft er…..

Nachtrag

Warum also 2 Spieler aus einem? Das Ursprungsgerät – der DUAL CS 701 – gefiel mit technisch so gut, dass ich es nicht übers Herz brachte, ihn meiner eigentlichen Absicht folgend, zu schlachten.
Aber bereits mit den Gundkomponenten Motor und Teller – die ich dann als Einzelteile erwarb – war das technische Konzept auf einen nagelneuen Spieler übertragen.

Und dann gab es eine zischenmenschliche Parallele:
kurz vor dem Erwerb des Dual’s nahe Köln war mein erstes Enkelkind geboren.
Und der junge Mann auf dem Arm des Verkäufers trug den gleichen (relativ seltenen) Vornamen.
Also mussten die Initialen und das Geburtsdatum in das ‚Typenschild‘.
Danke Euch beiden Kindern, dass ich Euch mit dieser famosen Geschichte verbinde.

 

 

 

 

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