Vergleich schwerer Tonarm mit Systemen niedriger Compliance

Was hat ein schwerer Tonarm auf empfindlichen leichten Platten zu suchen? Und welche Tonabnehmer verträgt sich mit einem schweren Tonarm? Ist das nicht anachronistisch, mit so etwas zu experimentieren?

Auslöser war das Hörerlebnis bei einem Freund, der ein modifiziertes Denon 103R an einem schweren Tangentialtonarm laufen liess.
Abgrundtiefe trockene Bässe, filigrane Auflösung und ein Musikerlebnis der besonderen Art.

Da der Tangentialtonarm nicht zu erwerben ist, besann ich mich auf meine schweren Tonarme und kramte aus dem Hinterstübchen einen Beitrag eines Hifi-Enthusiasten über SPU Systeme und schwere Arme.
Fix recherchiert tauchte der Artikel wieder auf – und damit stiess ich auf einen Arm, den ich bis dato nicht kannte: der Sorane – TA1 – L.

Tonarm Sorane TA-1 Konstruktion
….die konstruktive Zentrale des Sorane TA1-L

Experimentierfreudig und durch den Verkauf einiger Geräte hobbymässig besser bei Kasse, konnte ich für einen sehr fairen Preis einen “Vorführer” dieses Arms erwerben.
Warum:
mein hochgeschätztes SME 2012 R kam mit den SPU’s mangels Gewicht nicht klar. Das Gegengewicht musste über die Begrenzung nach hinten, um den Arm überhaupt auszutarieren.
Der Schicktonarm kann es besser – aber er vermisst ein Detail, dass mich 2 x die Beschädigung von Systemen gekostet hat: man kann den Arm in der Ruheposition nicht arretieren.
Ansonsten ein feines Stück Handarbeit von Thomas Schick.

Vor dem Auslaufen der Jelco Produktion hatte ich mir vor Jahren schon sehr günstig einen gebrauchten schwarzen 12 Zoll Arm angeschafft, der am Lenco PTP klaglos seinen Dienst tut – allerdings nicht in der Hauptanlage.

Aber – Covid19 sei Dank – so stand auf einmal ein kleiner “home-Test” im Raum:

  • 4 Arme der schweren Klasse (SME2012, Jelco 750, Schick 12 Zoll, Sorane TA1)
  • 3 Tonabnehmer niedriger Compliance (Denon 103R, SPU Synergie, SPU Royal N Gold (offenes System), SPU ATR40 (ebenfalls offen)). Die Auflagegewichte lagen zwischen 2g (Synergy) und 4g (SPU ATR40).
  • 4 Platten, die ich zur Genüge kenne und an verschiedenen Punkten die Qualität von Tonabnehmern ausreizen
    – Sarah K., Waterfalls, label stockfish
    – Diana Krall, Love Scenes, label
    – Saints-Saints, Orgelsinfonie, label Philipps
    – Bach, Orgelwerke, Richter, DGG

Der Reihe nach kamen die Arme auf den EMT930, was dank der Adapterplatte flott von statten ging.

Als erstes der SME 3012 R:

SME3102 TD124
…der bekannte SME3012, hier noch auf einer älteren TD124 Version


mit dem Denon 103R spielte er prima zusammen, der Bass kam tief, aber etwas undifferenziert.
Stimmen meistert die Kombi sehr schön, aber das letzte Quäntchen Detail und Tiefe fehlte.
Alles in allem ein feines Stück SME, aber bei den SPU’s musste er passen.
Trotz neuen Schneidenlager kam er gewichtsmässig an seine Grenzen.
Es gilt m.E. den Arm eher als mittelschwer zu sehen; dann gehen viele Systeme super.

Dann der Jelco 750 D:

trotz schweren Zweitgegengewicht, ging es ihm ähnlich, wie dem SME.
Nicht schlecht, vor allem für den Preis. Aber auch eher mittelschwer ist dieser Arm zu sehen.

Blieben der Schick und der Sorane. Der weniger bekannte und der nahezu unbekannte Arm.

Beide sind ausdrücklich als schwere Arme deklariert. Und das sollte sich auch bestätigen.
Zunächst ließen es sich alle SPU’s mit den beiden Armen gut gehen, kein Systeme zerrte oder zeigte Schwächen an den kritischen Stellen.
Es waren – wie so oft – Details, die klanglich den Unterschied machten.

Thomas Schick 12 Zoll Tonarm:

Mit dem Schick höre ich schon lange und wusste um die Qualitäten:

  • präzise, Tiefbassbereich fest und weit herunter reichend, dynamisch und trotzdem fein auflösend
  • mit dem Denon ging im Bass die Präzision etwas verloren, vielleicht ein Tucken zu viel Bass. Die Stimmen kamen sehr natürlich, die Auflösung stimmt.
  • gleiches gilt für die 3 SPU, die alle relativ nah beieinander lagen. Auffällig und auch bekannt: ein absolut präziser, unbestechlicher Bass, der nie auszubrechen versucht.
  • Räumlichkeit und Auflösung machen einen Sprung nach vorne, da haben Jelco und SME keine Chance.
    Mit kleinen Unterschieden spielte das SPU Synergy in der Summe mit diesem Arm klanglich am Besten zusammen.

Und der Sorane-SA1?

Hielt er, was der Händler versprach?

Gespannt habe ich als erstes das SPU Royal Gold N in der offenen Version untergebaut.
Bereits bei den ersten Takten ALLER Platten wusste ich, dass ich hier den Sieger vor mir hatte.

  • ein völlig kontrollierter hochpräziser Bass. Unbeirrt, stoisch, trocken
  • Stimmen sind sehr natürlich, Details gehen nicht verloren, eher fühlt man sich noch näher dran, Ton für Ton, Atemzug für Atemzug(!! D.Krall)
  • am Auffälligsten ist aber die Zunahme der Auflösung. Das Bühnengeschehen erweitert sich, ohne künstlich aufgebläht zu wirken.
  • Nebengeräusche, wie das Rillenrauschen sind fast nicht vorhanden, sauber gewaschene Platten sind eine akustische “Augenweide”.
  • Dieser Arm kontrolliert die Systeme ohne sich in der Vordergrund zu spielen. Eher schau man gar nicht auf den Arm oder das System, es passt einfach – man hört nur noch die Musik!!

Also ein Sieger, und ein Mitgewinner.
Hier noch einmal die Vorteile/Nachteile der Arme:

Schick:

+ tolle Musikalität

+ sauberste Handarbeit

+ Schnörkellos einfach

+ chicer Tonarmlift

–  etwas ungenaues, da nicht geführtes Verschieben des Gegengewichtes

— fehlende Arretierung des Armes in der Holzauflage (Unfallgefahr)

Sorane:

++ der Arm beherrscht souverän jedes SPU oder das Denon

++ in der Musikalität Gewinner nach Punkten

+ fein einstellbares Gegengewicht (Gewindeführung), optional zusätzliches noch höheres Gegengewicht (wird mitgeliefert)

+ kräftige Montageachse (22mm)

– wenig vertauenserweckende Antiskatingeinstellung ( magnetisch in einer Kunststoffkonstruktion)

– federbetriebener Lift; das Geräusch des Entspannens der Feder hört man, das Absenken funktioniert aber einwandfrei!!

Geht nun einer der Arme?
Derzeit nicht, der SME passt mit anderen System höherer Compliance zu den Thorens und Garrard, technisch wie auch optisch.

Der Jelco darf wieder zu seinem Lenco, mit der gleichen Bemerkung, wie zum SME. Für das Geld aber ein schwer zu schlagender Arm.

Der Schick bleibt ebenfalls, aber ich weiß, das er ein zugeschnittenes System braucht, um mitzuhalten. Vielleicht ein MM oder MI, wie Thomas Schick es empfiehlt. Das werde ich weiter testen……..

Der Sorane ist eine interessante Entdeckung und bestätigt, was wir schon länger wissen: die Japaner bauen tolle Tonarme.

Bezugsquellen:

SME und Jelco: leider nur noch gebraucht; z.B. Hifishark.com

Schick:
Handmanufaktur Thomas Schick

Sorane:
Heimstatt der Musik, Juergen Gruner, 50226 Frechen
tel: +49 2234 8098618 
e-mail (bevorzugte Kontaktaufnahme) jgruner1@hotmail.com

Wiedergabekette:

EMT930 an Drehstromgenerator (Eigenentwicklung)

SXONO oder EMT 139 Replik als Phonovorstufe

XP30 Eigenbau Klone als Vorverstärker

XA 30.8 Eigenbau Klone als Endstufe

Aktive Frequenzweiche und Ripol an Class D Hypex Verstärker

Quad ESL 57 stacked als Schallwandler

Aktivabsorber zur Verhinderung tiefer Raummoden

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