Da gehäuft Anfragen zu einem sinusgesteuerten Netzteil für Vintagegeräte bei mir eintreffen, habe ich das AC-Sinusnetzteil neu entworfen und kompakter, kleiner und betriebssicherer gemacht.
Es besteht im Wesentlichen aus 2 Platinen, 2 Trafo’s , einem Gehäuse und Bedien- und Anzeigelementen.
Mit dem AC-Sinusnetzteil ist man in der Lage, Wechselstrom bis 100W Belastbarkeit und bis zu 240V Spannung bereitzustellen, bei dem Spannung, Frequenz und Phasenverschiebung frei eingestellt werden können.
Die Parameter sind für bis zu 7 Endgeräte individuell speicherbar.
Kommerziell sind solche Geräte natürlich erhältlich (Schopper Schweiz), aber der Preis ist in Platten gewogen ein langes Regal…….
Einleitung
Viele der älteren Geräte reagieren empfindlich auf Eingangsspannungen, die deutlich über der Spezifikation ihrer Zeit liegen (220V).
Das gilt für Plattenspieler aus den 50-60er Jahren, für die geschätzten Quads, für manches Röhrengerät und viele weitere Schätze.
Da ich weiterhin gerne Musik mit den Historikern Garrard, Thorens und Lenco höre, ist mir das Thema seit vielen Jahren vertraut. Dem Klang und der Langlebigkeit der Geräte ist es zuträglich, deshalb habe ich eine Neuauflage dieses AC-Sinusnetzteil fertiggestellt.
Prinzip der Schaltung
Ein Regeltrenntrafo- der ja durchaus denkbar wäre – ist ebensfalls von schwankenden Primärspannungen “abhängig”; deshalb ist ein Entwurf nötig, der genau dieses Phänomen umgeht und eine saubere, konstante, netzunabhängige Ausgangsspannungen bereitstellt.
Das ist mit den heutigen Elektronikbausteinen und etwas Programmierung schön umzusetzen.
Ein AD9850 Baustein erzeugt ein sauberes Sinussignal in 180 Grad Phasenschiebung, das an 2 Ausgängen bereitgestellt wird.
Über ein Mikrocontroller (Arduino nano) kann der Baustein elegant angesteuert werden und 2 Parameter sind variabel und sehr fein einstellbar: die Frequenz (2 Stellen hinter dem Komma!), und die Phasenschiebung in 32 Einzelschritten (11,25 Grad in Einzelschritten).
Das so generierte Sinussignal wird über ein elektronisches Digitalpotentiometer (MCP42050) auf einen klassischen Analogverstärker “losgelassen”, und dort auf ca. 16V AC verstärkt.
Das Potentiometer wird ebenfalls Mikrokontroller gesteuert und lässt sich in 255 Einzelschritten fein dosieren und kanalgetrennt regulieren.
Am Ende des Verstärkers wird das Sinussignal über einen Ringkerntransformator “auftransformiert”, in dem der Trafo “umgekehrt” betreiben wird – also Sekundärseite an den Audioverstärker, und die Primärseite gibt die AC Ausgangsspannung aus.
Platinenentwurf
Die erste Platine trägt den Arduino nano, den AD9850 Baustein, einen I2c-Displayanschluss, das MCP42010 Doppel-Digitalpotentiometer (SPI gesteuert) und 2 Drehencoder.
violett: Drehencoder (bds.), rot: AD9850, grün: arduino nano, blau: Digitalpotentiometer, gelb: Spannungsregler
Die Platine ist so konzipiert, dass sie alle Bedien- und Anzeigeelemente trägt, und sehr schön auf die Rückseite der Aluminiumfrontplatte montiert werden. kann.
Das Display ist ein 16×2 Oled Display und zeigt die eingestellte Spannung, die Frequenz und Phasenschiebung, sowie das gewählte Gerät mit Namen an.
Auf der Hauptplatine sind ein Kompaktnetzteil (2 x +-27V), und der Analogverstärker mit 2 LM3886 samt Peripherie untergebracht.
Allerdings habe ich in die übliche Schaltung etwas “eingegriffen” und ein paar Kleinigkeiten angepasst.
So ist der Gegenkopplungswiderstand “steckbar”, um die Verstärkung so anzupassen, dass die maximale Ausgangsspannung hinter dem Ausgangstrafo exakt 255V beträgt.
Ausserdem ist ein Koppel-C vor dem Ausgang vorgesehen, der bedarfsweise gebrückt werden kann. Am Ausgang sieht der Verstärker “nur” 0,6 Ohm Widerstand des 12V Ringkerntrafos, so dass ein 3,3 Ohm Lastwiderstand in Reihe geschaltet ist, der mit einer Drossel (0,7uH) parallel verschaltet werden kann. Ein Zobel-Glied zwischen den Ausgängen verhindert endgültig ein Schwingen der Schaltung und eine eventuelle DC Sättigung des Trafos .
Von den Abmessungen reicht weniger als eine Europlatine.
Wichtig: an den LM entsteht reichlich Verlustwärme, deshalb müssen sie ausreichend gekühlt werden.
Von der Hauptplatine wird dann der Doppelringkerntrafo 2 x 12V gespeist, der das auftransformierte Signal über eine Schukosteckdose ausgibt.
Software
Das gesamte Progamm in C++ findet locker auf dem winzigen Nano Platz.
Der AD9850 Baustein wird über einen Parameterbefehl aus einer kleinen lib angesteuert, der ein on/off Verhalten, die Phasenschiebung und die Frequenz beinhaltet
Das Digitalpotentiometer wird via SPI Bus und einer weiteren lib gesteuert.
Da die Schaltung bei zu schneller hoher Ausgangs-Spannung den Ausgangstrafo in die Sättigung treiben kann – und dann die gesamte Schaltung schwingt – wird der Audioverstärker nach dem Einschalten “sanft” angefahren (allerdings ist dies nach Verbau eines Zobelgliedes und Enstörkondensatoren vor und hinter dem Ausgangstrafo “Geschichte”).
Hat er einmal den Zielbereich um 200 Volt erreicht, sind Anpassungen unproblematisch (also Spannungsänderungen, Frequenz, und Phasenschiebungen).
Gleiches gilt für die Umschaltung zwischen gespeicherten Geräten. Es wird sanft umgeschaltet!!
Die Ausgabe der Einstellungen am AC-Sinusnetzteil erfolgt auf einem I2c basierten OLED Display und die Ausgangs-Wechselspannung auf einem Drehspulinstrument.
Jederzeit sind Spannung, Frequenz und Phasenschiebung angezeigt.
Der linke Drehencoder regelt die Spannung und ruft über Tastendruck ein Untermenü auf, in dem die Namen der verwendeten Geräte gewählt werden können, unter denen dann ermittelte Einstellungen gespeichert werden (im EEprom des Nano) oder abgerufen werden können.
Ein weiteres Menü macht Umschaltungen der Drehzahl bei Plattenspielern möglich (33, 45 78 1/Min), bei denen der Motor höhere Frequenzen “verträgt”.
Der rechte Drehencoder regelt die Frequenz in 0,1er Schritten.
Bei der Entwicklung der Software wurde auf eine einfache und intuitive Bedienung Wert gelegt.
Sicherheit
Diesem Abschnitt kommt eine besondere Bedeutung zu.
Im Gerät und an der Schaltung wird an einigen Stellen mit Spannungen um 230V gearbeitet.
Berührung kann von schmerzhafter Wahrnehmung bis zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen reichen.
!!Also bitte Vorsicht!!
Die Haupt-Platinen laufen komplett im Niederspannungsbereich, aber das Handling der Ringkerntrafos ist achtsam vorzunehmen.
Selbstredend sollte auf eine saubere Schutzleiterführung des gesamten Gehäuses und Gerätes geachtet werden.
An zwei Stellen werden Spezialkondensatoren (X2 bzw. X3 Entstörkondensatoren) verwendet. Diese dürfen keinesfalls weggelassen werden.
Der Ringkerntrafo VOR dem Netzteil ist primär und sekundär abgesichert.
Gleiches gilt für den Ausgangstrafo mit der erzeugten Netzspannung. Die Sicherung ist so dimensioniert, dass bei Entnahme von mehr als 500mA zur Sicherheit die Sicherung “fliegt”.
Aufbau
Als Gehäuse wurde ein Aluminium Gehäuse in 2HE und halber Standardbreite genommen. Darin sind alle Komponenten problemlos unterzubringen.
Vorder- und Rückseite wurden in gewohnter Manier gefräst, ein analoges Drehspulinstrument findet über dem Display Platz.
Die Bedienung ist simpel, nach einer Initialisierungsphase wird die Spannung behutsam hochgefahren (s.o) und erreicht innerhalb von 10 Sekunden einen Sollwert, der voreinstellbar ist.
In der Vorkonfiguration sind verschiedene Gerätenamen hinterlegt, die nach Bedarf ausgewählt werden können. So kann bedarfsweise jedes Gerät mit eigenen Parametern (Spannung, Frequenz, Phasenschiebung) gespeichert werden.
Durch Druck auf den Drehencoder links, gelangt man in das entsprechende Menü.
Die nachgemessenen Werte am Ausgang passen zu den Einstellungswerten, und die nachgeschalteten Geräte danken es.
Fazit
Neuer Wein in neuen Schläuchen: so könnte man es beschreiben.
Durch die Reduktion der Bauteile und Komprimierung auf 2 Platinen ist alles noch mal übersichtlicher.
Motoren an den Folgegeräten lassen sich über die einstellbare Spannung, Frequenz und ggfls. Phasenschiebung auf optimale Laufruhe einstellen.
Wichtig ist dies, da nach einer Motorrevision die Motoren in aller Regel zu schnell laufen, und die Wirbelstrombremsen das Mehr an Drehzahl kaum kompensieren können.
Das wird von der Fa. Schopper sehr schön beschrieben.
Dem elektrischen Schutz wurde ausreichend Rechnung getragen, und gehäusetechnisch gliedert sich das AC-Sinusnetzteil unauffällig in die bestehende Anlage ein.
Möchte man das Display nicht ständig im Blick behalten, kann ein “Bildschirmschoner” nach einer frei wählbaren Zeit zugeschaltet werden.
Und: der Thorens TD124 darf wieder mit 205 Volt laufen, mit denen sich der Motor sichtlich wohl fühlt!!
Ach ja, mit einer Mehrfachsteckdose am Ausgang können bequem 4 Quads befeuert werden, die damit eine konstante Spannungsversorgung und Wiedergabelautstärke haben!!
Anhang: Gehäuse: Doug Hifi ebay Arduino nano: eckstein Shop AD9850 Baustein: ebay.de Ringkerntrafo 2 x 18V: Reichelt Ringkerntrafo 2 x 12V: Reichelt LM3886 und elektronische Bauteile: Reichelt MCP42010: Reichelt
Nachtrag Kosten: Gehäuse: 90€ Arduino nano: <10€ AD9850: 10€ 2 Ringkerntrafos: 60€ 2 LM 3886: 13€ Drehspulinstrument und Display: 30€ diverse Kleinteile und Kabel: 40€ Gesamtkosten: ca. 250€