Der Übertrager – ein herausfordernder Verstärker

Nahezu jeder kennt ihn – aber nicht jeder mag ihn:
den MC Übertrager.

Das Signal der meisten MC (moving coil) Systeme ist zu “schwach”, um den üblichen MM (moving magnet) Eingang von Phonovorstufen zu betreiben. Statt 5mV liefern viele MC Systeme um oder unter 1 mV.
Also muss das Signal um den Faktor 5 – 30 angehoben werden.
Neben der Möglichkeit der Transistorverstärkung können Übertrager diesen Zweck erfüllen.
Aber Übertrager haben Ihre Tücken. Und darum geht es in diesem Beitrag.

Das Prinzip

Wie bereits verlinkt, stellt der klassische MC Übertrager nichts anderes als einen Transformator in Miniversion dar, der das Signal des MC Systems um den Faktor 5 – 30 verstärken soll.
Dazu wird das vom MC kommende Signal in die Primärwindung des Übertragers eingespeist, und als verstärktes Signal auf der Sekundärseite ausgegeben.
Aber: die Eingangsseite des Übertragers und die Ausgangsseite des MC Systems haben eine Impedanz (Wechselstromwiderstand), die zueinander passen sollten, und die Ausgangsseite des Übertragers sollte zur Eingangsimpedanz der MM Verstärkerstufe passen, die üblicherweise auf 47kOhm abgestimt ist.
Fazit:
es gibt keinen universellen Übertrager, sondern der Übertrager muss zum System “passen”.

Die Anpassung

Hierzu gibt es einen lesenswerten Artikel, der die Problematik deutlich macht.
Folgende Paramater sollten bei der Wahl des Übertragers berücksichtig werden:
– der elektrische Widerstand des MC Systems (Rmc)
– die resultierende Impedanz (die ca. dem Faktor 10 entspricht – Rmci)
– die Impedanz der Primärseite des Übertragers -> Ruei)
– der Verstärkungsfaktor des Übertragers (NICHT in dB -> V)
– die resultierende Impedanz der Sekundärseite (Rseki)
– den Eingangswiderstand der MM Stufe -> in der Regel 47000Ohm

Berechnung des Übertragers

Der Übertrager sollte primärseitig dem elektrischen Widerstand des MC Systems “nahekommen”.
Ein SPU Synergy hat einen elektrischen Innenwiderstand (Rmc) von 2 Ohm.
Daraus resultierend sollte der Übertrager (Picatron RÜP) mit 3,3 Ohm passen.
Am Audioanalyser gemessen, macht der Übertrager 28dB Verstärkung, also Faktor 25 (Sengpiel Rechner oder dB Calculator von Rhode & Schwarz).
Und jetzt geht das Rechnen los:

sekundäre Impedanz = (Rmc x 10) * V * V
sekundäre Impedanz = (2 x 10) x 25 x 25
sekundäre Impedanz = 12500 Ohm

….Widerstände zur Impedanzanpassung sekundär

Das weicht von der Eingangsimpedanz des MM Eingangs ab, und muss angepasst werden.
Wenn man der Sekundärseite des Übertragers – oder der Eingangsseite des MM Eingangs – einen 10.000 Ohm Widerstand parallel schaltet, passt es sehr genau.

Damit “sieht” das System mit dem Übertrager genau die Impedanz, die es “haben möchte”.
Zu Berechnung des Parallelwiderstandes gibt es hinreichend viele tools.

Mit dem Anpassen an den MM-Eingang des Vorverstärkers gewinnt das Übertragersystem hörbar!!!

Magnetisierung

Beim Umbau der Anlage ist mir ein merkwürdiges Phänomen unterlaufen, das ich hier nicht vorenthalten möchte:
ein zuvor gut klingender Übertrager – der mit den genannten Picatrons – büsste plötzlich erheblich an Klangeigenschaften ein (muffig) und verzerrte. Wie das??

Zitat aus einer mail an meine HiFi Freunde:

heute bin ich auf Phänomen gestossen, was mir bis dato gänzlich unbekannt war.

Im Rahmen des Ausmistens und Umbau meines Musikzimmers habe ich ich auch die beiden MC Übertrager (Haufe und Picatron) neu verkabelt und an die MM Eingänge der präferierten Geräte angeschlossen.

So weit, so gut.

Aber der Picatron (den ich am SPU sehr schätze), verzerrte dermassen, dass ich auf Fehlersuche gegangen bin (erst das System, dann die Tonarmgeometrie, dann das Auflagegewicht, Antiskating……). Kabel getauscht, Stellplatz getauscht, MM Vorstufen gewechselt, es hört nicht auf.
Das SPU am Haufe lief prima…… ???

Bei der Recherche bin ich dann über eine Nebenbemerkung gestolpert, die mich neugierig gemacht hat:
Übertrager, die eigentlich als unverwüstlich gelten, können “magnetisieren”, so dass sie bei hohen Pegeln in die Sättigung kommen.
Hatte ich noch nie gehört, klang aber plausibel – und ich kenne es eigentlich von den Bandmaschinen.

Also Übertrager an den W & G, und mit -40dB (ca.0,6mV) eingespeist und Frequenzgang und Klirranalyse gefahren.

Hier der Befund:

Frequenzgang linear, diskrete Anhebung bei 8kHz

6,3% Klirr bei K2 analyse -> das hatte ich gehört……….

Also habe ich die Entmagnetisierdrossel aus der Tonbandwartung genommen, und schön wie bei der Tonkopfentmagnetisierung den Übertrager entmagnetisiert.

Ergebnis:

Die Anhebung hat sich in Richtung 12KHz verschoben…..

…der K2 Klirr ist selbst bei Erhöhung des Signals (Sender -20dB statt -40dB) unter 0,003% gesunken.

An der Anlage: alles spielt frisch und fröhlich und ohne hörbaren Klirr

Fazit: Übertrager können magnetisieren (wenn ich auch nicht weiss wie, aber das ist eina anderes Thema)

Klangeigenschaften

Hier scheiden sich die Geister. Salomonisch würde ich sagen: probieren geht über studieren!!
Meines Erachtens ist am Beispiel des SPU Synergy die Kombination Picatron Übertrager/MM Eingang an XONO, SXONO und der XONO2019 der eingebauten MC Stufe klanglich überlegen. Aber das ist meine persönliche Meinung.
Andere MC Systeme laufen hingegen and er internen MC-Stufe besser (Denon DL103R)

Wichtig ist, dass der Übertrager in seinen wesentlichen Merkmalen ELEKTRISCH zum System passt.
Und das kann man nun berechnen.

Der Übertrager an der Röhrenvorstufe

Die Röhrenverstärker stammen aus der Vor-Ära der MC Systeme.
Es gab also keine hinreichend stabilen Röhrenvorstufen, die MC Signale verstärken konnten.
Auch hier kann ich meiner EMT139 Replika nur beste Noten ausstellen, wenn sie den korrigierten Picatron Übertrager sieht.

Es klingt famos!!

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