KS4 Aktiv Elektronik – historischer Aktivlautsprecher – Teil 5 Elektronik

Wie bereits erwähnt, wurde die gesamte Elektronik samt Netztrafo und Endstufen auf einer grossen Platine realisiert, die ihrerseits auf einem gross dimensionierten Kühlkörper sitzt.
Diese Einheit ist ‚luft und druckdicht‘ auf der Rückseite in das massive Holzchassis montiert.

Die KS4 Aktiv Elektronik beeinhaltet folgende ‚Gimmicks‘:
– Betrieb an SE Signalen (<=2V)
– Betrieb an Lautsprechersignalen (falls der vorgeschaltete Verstärker nicht aufzutrennen war)
Mutefunktion bei Signalen unterhalb eine gewissen Pegels
aktive 3-Wege Frequenzweiche OHNE DSP
3 Endstufen für Hoch-, Mittel- , und Tieftonsektion
– Einmessen von Bias und Offset an gesonderten Steckverbindungen

Nun liegen – soweit ich das recherchiert habe – keine Stromlaufpläne mit Bauteilwerten vor.
Die Informationen im Netz sind sehr spärlich, und deshalb war das Vorhaben, die gesamte Schaltung zu rekonstruieren und zu schauen, was zu revidieren ist.
Angetrieben war der Autor auch von der Neugierde, wie so ein Projekt Anfang der 90er Jahre umgesetzt wurde.

Der Stromlaufplan
….mit USB Lupe konnten auch an schwer einsehbaren Stellen Bauteile ’sichtbar‘ gemacht werden. Hier ein BF423 High Voltage Transistors PNP Silicon

Einzige Unterlage, die gefunden wurde, waren vereinzelte Abbildungen im oldfidelity forum ( https://old-fidelity-forum.de/thread-22704-page-4.html ).
Auf der Grundlage dieses Planes, der Anwendung verschiedener Messgeräte und einer digitalen Lupe wurde die Schaltung entschlüsselt und in KiCad übertragen.

Spannungsteiler, RC-Filter etc. wurden dann anhand der tools von digikey ’nachberechnet‘.
Nun wird dieser Stromlaufplan nicht einfach ‚online gestellt‘, kann aber als pdf ab Juli 2025 beim Autor bezogen werden.

Eingangsschaltung

…Beispiel eines entschlüsselten Stromlaufplan-Ausschnittes

Über Spannungsteiler bzw. Vorwiderstände wird das Musiksignal einem OP-Amp Typ NJM 4560 zugeführt.
Über ein 3 stufiges Filternetzwerk wird das Tieftonsignal abgeschwächt.
Der Stufenschalter an der Rückseite bildet dies ab.
Nachfolgend wird das korrigierte Signal über ein- bzw. mehrstufige Filter mit 3dB bzw. 6dB Flankensteilheit auf 3 weitere OP-Amps des Typs NJM1560 ‚verteilt‘, und so ein 3-Wege-Signal erzeugt, das seinerseits auf 3 Aktivleistungsmodule eingespeist wird (das eigentliche Endstufenmodul).
Rechnerisch liegen die ‚Übergabefrequenz bei:
– 720Hz Trennung Bass/Mittelton
– 1066 Hz Übernahme in den Mitteltöner
– 3700 Hz Trennung zum Hochtöner
– 4800 Hz Übernahme in den Hochton

Schaut man auf die Frequenzdiagramme der SEAS Treiber , so fällt gleich auf, dass dies ideal den Daten der Chassis entspricht.
Die KS4 Aktiv Elektronik arbeitet den SEAS Chassis bereits theoretisch perfekt zu.

Spannunsgversorgung

KS4 Aktiv Elektronik
…in der Mitte die Feinsicherungen getrennt nach SEAS Chassis

Die Endstufen werden symmetrisch mit +-45V betrieben, die Leistung stellen Darlington-Leistungstransitoren des Typs BDV67B bzw. BDV66B bereit.
Gemeinsam mit den Endstufentransistoren sitzen die Spannungsregler um ca. 30 Grad geneigt auf einem speziellen Kühlkörper der mit dem grossen Strangkühlkörper verbunden ist.

Die gesamte Spannungsversorgung ist kompakt und mit kurzen Wegen aufgebaut.
Jede Endstufe ist mit symmetrischen Feinsicherungen zwischen den Emittern der Leistungstransistoren gegen Überlast/zu hohe Biasströme gesichert.
Die ‚Vorverstärker-Sektion und Frequenzweiche wird mit +15V betrieben, das Netzteil arbeitet an der Stelle mit einem BD241, der über Zenerdiode auf exakt 15V gesteuert wird.

‚Totmann‘-Schaltung

Hier kommt ein NJM1458 zum Einsatz, der den Pegel des gegengekoppelten Mitteltonsignals  überwacht, und unterhalb einer gewissen Pegelschwelle, die gesamte Schaltung ‚mutet‘.

…Eingang der Totmannschaltung. Y entspricht dem gegengekoppelten Signal des Mitteltöners

Dies hatte seinerzeit schnell zu Kritiken bei Leisehörern gesorgt, da die Box sich bei leisen Passagen unerwartet ausschaltete.
Andererseits war schon 1992 ein gewisses Bewusstsein für Energieeinsparung zu erkennen……

Endstufe

2 komplementär arbeitende BDV66 bzw BDV67 werden mit 12mA Ruhestrom betrieben, im Schnittpunkt der beiden Emitter liegt der Abgriff des Lautsprechersignals.
Jeweils ein BC639 bzw. 640 abeiten in Darlingtonschaltung zu.

An das SymAsym-Konzept erinnernd wird der Bias über einen Trimmer und eines Kleinsignaltransistor geregelt.
Näheres zum Schaltungskonzept folgt noch……

Bias- und Offseteinstellung

Hier hat sich Herr Schmitz etwas besonderes ausgedacht. Im Eingangsmodul finden sich 3 freie Steckerpositionen, die zu einer Testschaltung geschlossen werden können.

…schwarz: Chassisanschlüsse, silber: Messpunkte -> genial

In gleicher Weise gibt es in der 6 poligen Steckerreihe der Lautsprecheranschlüsse 4 freie Positionen, über die sich der Ruhestrom in den Endstufengruppen (12mA) undd er Offset (10-12mV) messen lassen, OHNE IN DIE SCHALTUNG EINZUGREIFEN.

Meiner Erachtens ein Alleinstellungsmerkmal!

Bauteilequalität

Es wurde nicht gekleckert sondern geklotzt. Sämtliche Eletrolytkondesatoren stammen von Nichicon bzw. Rubycon.
Die Metallfilwiderstände sind offenbar selektiert und weisen immer noch exakte Werte ohne nennenswerte Abweichungen auf.
Die wenigen Steckverbindung sind hochwertig und stammen aus dem Hause Stocko.
Lediglich eine Sockelung der OP-Amps wäre wünschenswert gewesen – aber man war sich der Sache wohl sicher…..

Revision

Diese wurde auf das Reinigen der Steckkontakte sowie ein mechanische Säuberung der Platine beschränkt. Zufällige Messungen zeigten auch nach Jahrzehnten noch sehr gute Messwerte und das Einhalten der Toleranzen.

Abschliessend darf wieder zusammengebaut und gemessen werden, Teil 6 folgt….