EMT 930 turntable – der Studioplattenspieler, direkt, direkter geht es kaum.
So oder ähnlich könnte ich die Erfahrung auch mit meinen Reibradlern nennen.
Thorens TD124, Garrard 301, und weiter??
EMT 930!! DER Studio und Rundfunkspieler!
Lange gesucht, und dann ein preislich attraktives Exemplar gefunden, dessen kritische Bauteile in Ordnung waren (Reibrad und Motor).
Lediglich ca. 6500 Exemplare hatte EMT seinerzeit für diesen Reibradtypen vor Einführung des Direkttrieblers gebaut.
Warum ein weiterer Reibradler – oder besser Rollenantrieb, wie EMT es seinerzeit bezeichnete?
Nun: Studioqualität musste sich irgendwie niederschlagen, und das heisst konkret: der Motor und das Vulkollan-Reibrad!!
Eher hätte er als Waschmaschinenantrieb genügt, aber Herr Franz wollte ein drehmomentstarken Drehstrommotor.
Und er wusste warum………
Natürlich bin ich über die Historie der Reibradler auf den EMT gestossen. Aber der Markt ist dünn gesäät und schnell ist man bei gut restaurierten Geräten im 5 stelligen Eurobereich.
Das kam für mich gar nicht in Frage.
Als plötzlich ein Komplettangebot EMT 930 mit Tonarm EMT 929 und TSD 15 auftauchte begann ich zu verhandeln.
Erst den Gesamtpreis und dann der Verzicht auf das Tonabnehmersystem, da sich ein solches bereits in meinem Besitz befand.
Schnell war der Preis reduziert und befand sich dann unterhalb meiner Schmerzgrenze.
Erst lieferte ich im nördlichen Münsterland die beschreibene SXONO ab und dann ging es ein paar Kilometer weiter, um den EMT zu erwerben, der bereits bezahlt war. Einen Versand wollte ich nicht riskieren.
Optisch in erstaunlich guten Zustand, allerdings zentral gerissenem Kunstoffteller, nahm ich in einer riesigen Lagerhalle das Gerät in Empfang.
Gut, dass ich kein Bargeld in der Tasche hatte – diese Halle hatte es in sich. Audio-Vintage ohne Ende………
Daheim sicher angekommen ging es an die bereits vorbereitete Revision.
Diese umfasste:
– Aufarbeiten und Schmieren des Motors.
Der hatte seit Geburt kein Öl im unteren Lager gesehen………, auch das obere war pf….. trocken.
– Tauschen der Motorlagergummis
– Aufarbeiten der Tellerachse, die sich nicht mehr in frischen Zustand zeigte.
Erst die Politur auf Hochglanz, der Tausch der Lagerkugel gegen eine Keramikkugel, und die Schmierung mit einem Hochleistungsöl nach Servicemanual(!!!) liess den Teller wieder geräuschfrei und mit gehörigen Nachlauf „rennen“
– Neuabgleich des defekten Kondensators für die Hilfsspannung des Drehstrommotors und des Sternpotentials.
Das ist ein unbedingtes Muss, um den Spieler nebengeräusch-frei zu bekommen, sprich das systembedingte „Rumpeln“ zu minimieren.
Aber es geht!!
– Komplettrevision des EMT Arms incl. neuer Innenverkabelung
– optische Aufarbeitung des gesamten Spielers
– Aufbau eines Chassis, das auch…..
– eine EMT 139 Replik aufnimmt
– „Anbau“ des Schick-12-Zolltonarms, um SPU Systeme aufzunehmen-
– Tausch des Acryltellers gegen den Spiegelglasteller
Also -wie immer – ein ordentliches Pflichtenheft!
Aber es sollte sich lohnen.
Der Spieler wurde mit den obigen Massnahmen in einen quasi neuwertigen Zustand versetzt, ohne auch nur eine Sache gegenüber dem Original zu modifizieren.
So gehört es sich meines Erachtens.
Der Rollwagen wurde eigens auf die Masse des EMT „zugeschnitten“ und bediente sich der empfohlenen Masse der Original-Service-Manuals.
Die eigentliche Lagerung erfolgte in eine Corianplatte, die ihrerseits auf Kork-Gummi-Streifen auf das Multiplex gelagert ist.
Eine sehr gute Entkopplung, die sich bewähren sollte.
Aber:
das Corian MUSS rundumlaufend gegen den Wagen verschraubt werden, da sich Motorresonanzen SONST VERSTÄRKEN!!
Und der Rahmenbau des Wagens muss unbedingt bedämpft werden (z.B. Bitumenplatten).
Zusätzlich habe ich die 3 Aufnahmearme des Motors zusätzlich zu den Entkopplungsgummis zur Dämpfung mit Teflonband (Sanitärbedarf) umwickelt.
In den Rollwagen plazierte ich dann eine Schublade, die auf Sylomer gelagert ist.
Der Auszug trägt die Stromversorgung der EMT 139 Replik, ein DC Netzteil für die Heizung und ein DC Netzteil für die 300V Anodenspannung.
Die Schneidlinienumschaltung wurde beibehalten, aber per Kleinstsignalrelais realisiert.
Um bei der Bedienung einigermassen stilsicher zu bleiben, habe ich grosse Potentiometerknöpfe auf den mehrstufigen Umschaltern verwendet.
Unterhalb der Schublade kann ich dann noch das Plattencover und die Leerhülle ablegen….. Also praktisch gedacht.
Und das Ergebnis??
Mit dem Schicktonarm, einem SPU Synergy System und Hauffe Übertragern an der EMT139 Replik öffnete sich ein neuer Hörhorizont.
Direkt, direkter, am direktesten und hochmusikalisch ist dieser EMT 930.
Da verstehe ich, warum in verschiedenen Rundfunkstudios dieser Welt dieser Spieler den Massstab vorgab.
Auch der EMT 929 Tonarm mit dem EMT TSD 15 spielt auf einem sehr, sehr hohen Niveau.
Unbeirrbar, mit unglaublicher Konstanz, quasi rumpelfrei und durchzugsstark wird die Musik wiedergegeben.
Dies schreibe ich nach 6 Wochen Hören!!!
Oder: angekommen in einer absolut authentischen Musikwiedergabe.
Das ist keine Absage an den Garrd oder gar den TD124.
Es sind kleine Unterschiede, aber ich höre sie und bin froh, eines der seltenen Exemplare dieses geschichtsträchtigen Spielers ergattert und revidiert zu haben.
Erpasst wunderbar in die Anlage und in die Sammlung (ja ich bin bekennender Sammler und Jäger 😉 )
Nachtrag 07.05.2019:
Durch einen eigens angefertigten Adapter kann der Schicktonarm problemlos durch lösen von drei M3 Schrauben gegen den EMT rasch getauscht werden.
Das habe ich angestrebt, da ich Fan „langlaufender“ Arme bin, und das SME Bajonett mehr Freiheiten im experimentieren mit den Tonabnehmersystemen lässt.
Foto folgt. Durch die Langlochkonstruktion kann der Drehpunkt des Schicktonarms exakt auf 304,75 Millimeter (12 Zoll) eingestellt werden.
Arm und Spieler „vertragen“ sich so sehr gut!
Dortmund, 27.4.2019
Quellen:
vinylengine.com
hifiengine.com
ebay.de
emt-profi.de
weiterführende eigene Veröffentlichungen:
Drehstrommotor am Frequenzumrichter