Manchmal muss ich mit der Nase darauf gestossen werden, wo noch Verbesserungspotential liegt.
Die Einstellung des Azimuth (frontale exakte Senkrechtstellung der Tonabnehmernadel) wird ebenso wie die Einstellung des VTA (seitliche Ausrichtung der Nadel) vollkommen unterschätzt und meines Erachtens leichtfertig bagatellisiert.
Ein fehlerhaft produzierter Tonabnehmer, eine mail eines HiFi-Freundes und der Beitrag meines Freundes Ralph – und schon sind wir im Thema.
Stimmt der Azimuth, werden folgende Parameter hörbar besser:
Balance, räumliche Darstellung, Vermeiden von zischelnden Sybillanten.
Es lohnt sich, sich diesem oftmals sträflich vernachlässigten Phänomen nachzugehen.
Und: je hochwertiger der Nadelschliff, um so bedeutsamer wird die Einstellung!!
Voraussetzung:
die exakte Montagedistanz des Tonarms ist verbaut, der Überhang nach Angaben des Tonarmherstellers korrekt eingestellt, und das Auflagegewicht stimmt!
Theorie:
Zuerst ein bisschen Theorie: (entnommen mit freundlicher Genehmigung von https://www.fairaudio.de/lexikon/azimut/
Der Azimuth bezeichnet den Winkel, den die Nadel des Tonabnehmersystems – von vorne betrachtet – zur Schallplatte einnimmt. Er sollte exakt 90 Grad zur Rille / Schallplatte betragen.
Nur bei Senkrechtstellung der Nadel in der Rille, kann diese genau so den Modulationen der Flankenschrift folgen, wie diese auch tatsächlich aufgezeichnet wurden. Steht die Nadel nicht im Lot, ändert sich das Kontaktverhalten zwischen Rille und Nadel – zusätzliche Verzerrungen und eine Verschlechterung der Kanaltrennung sind die Folge. Letzteres beeinträchtigt die Stereoabbildung und damit den Raumeindruck der Aufnahme.
Bei Tonabnehmern sollte die Nadel (eigentlich) exakt justiert sein, so dass die Oberkante des Systems im rechten Winkel zur Nadel steht (unteres Bild, links). Dann sorgt eine parallele Ausrichtung der (vorderen) Oberkante zur Schallplatte für eine korrekte Einstellung des Azimuts.
Leider kommt es in der Praxis aber auch vor, dass die Nadel leicht schräg eingebaut wurde (obiges Bild, rechts). Man sollte sich im Zweifel daher an der Nadel orientieren und diese senkrecht zur Platte ausrichten, statt allein auf eine Parallelausrichtung von Platte bzw. Kante des Tonabnehmer-System zu achten. Die Justage des Azimut erfolgt häufig über die Headshell, ein drehbares Tonarmrohr oder über die direkte Ausrichtung des Tonabnehmers in der Headshell.
Erfahrung:
Nun sollte man meinen, dass eine Nadel im Cantilever exakt senkrecht montiert ist, und den obigen Sepzifikationen entspricht. Aber weit gefehlt!!!
Hierzu ein Beispiel, das eindrucksvoll zeigt, dass selbst beim Erwerb eines teuren – und jetzt excellent klingenden – Tonabnehmers Fehler auftreten können.
Mit dem Erwerb des SPU Gold N in der 1/2-Zoll-Ausführung
machte ich nach der vorgeschriebenen Montage ein langes Gesicht:
der rechte Kanal war lauter, Sybillanten zischelten und ständig suchte ich beim Hören bekannter Musik die Mitte der Balance. Das kennen Sie bestimmt, oder nicht??
Ursache war – um es vorweg zu nehmen – eine fehlerhaft gefertigte Adapterplatte, die um das Joch des Tonabnehmers gelegt wird.
Hier einige Bilder, die das Phänomen deutlich machen. Das SPU in der halbzoll Ausführung hat ein Joch, dass adaptiert werden muss. Dies geschieht schlicht mit einem Aluadapter, der nur nach hinten geneigt ist. Und der war fehlerhaft!
So konnte das System montiert nicht richtig laufen: keine Stereomitte, Zischeln, Kanaldifferenz,; schlichtweg unbrauchbar.
Messequipment:
Aber wie habe ich das durch Messung am Plattenspieler herausbekommen?
Man nehme:
– einen auf Kanalgleichheit eingestellten Phonovorverstärker (in meinem Fall EMT139 Replik)
– einen modernen AD Wandler (Steinberg UR22)
– einen Laptop/Rechner mit USB Schnittstelle
– Software, die Kanalunterschiede/-gleichheit darstellen kann: ARTA
– eine Testschallplatte mit einem kontinuierlichen 1000Hz Signalton: Sperling SPL1 (die kostete mich 35 Euro )
Messung:
Zunächst muss der DA Wandler geeicht werden. Am einfachsten geht es mit einem Cinch Y Adapter. Der Tonabnehmer läuft in der Testplatte, es wird nur ein Signal (rechts oder links) am Phono-VV abgegriffen, und am Steinberg werden die Eingangsregler so lange verändert, bis das Signal kanalgleich ist.
Die Darstellung in der Arta Software befindet sich unter dem Unterpunkt “tools”, letzter Menüpunkt. Noch genauer ist es auf Ralph’s Seite beschrieben…..
Dann wird umgesteckt auf Stereobetrieb, und geschaut, ob das Signal seitengleich oder “verschoben” ist, also der Azimuth korrekt ist.
Im Falle des SPU-Gold-N betrug durch die fehlerhafte Adapterplatte die Kanaldifferenz 2dB !!!!
Also wird am Headshell – sofern vorhanden – die Schraube gelöst, mit der der Tonabnehmer um seine horizontale Achse gedreht wird.
Man sieht dann am Bildschirm sehr schön, wie sich mit “Verkippen” allmählich die Kanalgleichheit einstellt. Dabei sind Abweichungen bis 0,5dB tolerabel!
Beispiele:
Hier ein paar Beispiele: (die Justage dauert im Schnitt 5 Minuten)
…ein Denon DL103R vor Korrektur. 1dB Kanaldifferenz
…das beschriebene SPU-Gold-N nach Tausch der Adapterplatte und Justage: 0,1dB Differenz!!!!
Bei diesem Tonabnehmer gelang die 0,05dB Korrektur…….
Fazit:
Das Resultat ist beeindruckend! Das Klangbild rastet förmlich ein, der sweetspot steht, man kann sich entspannt zurücklehnen, da die Stereomitte stimmt, und bei Frauenstimmen zischeln die Sybillanten nicht mehr.
Was will das Vinylherz mehr!!!
Fazit: nehmen sie den Azimuth ernst!!