Historisch und digital – die “EMT139d”

Die Betonung liegt auf dem kleinen Buchstaben “d” – also die EMT139d……
Über die Vorzüge dieses wohlklingenden Schaltungskonzeptes hatte ich bereits berichtet. Nun sollte es einen Schritt weiter gehen, den ich aus modernen Schaltungskonzepten kenne:
mehrere MM/MC Eingänge, Anpassung des einzelnen Eingangs bezüglich Abschlusswiderstand oder -kapazität, fernbedienbar, symmetrischer Ausgang.
Deshalb meine EMT139d

Einleitung
Symmetrischer Ausgang
…die fast fertige Rückseite, symmetrische und Cinchausgänge

Um es vorweg zu nehmen:
kein Projekt hat mich so viel Geduld gekostet, bei keinem habe ich so viele Fehler gemacht, und das erste Mal den Gedanken gehabt, alles mit dem Müll zu entsorgen:
so komplex hat sich das Thema herausgestellt.
Das Pflichtenheft hatte ich bereits oben genannt, klassische analoge Konzepte exisierten, aber hier wollte ich den Schritt weiter gehen.
Am Ende hat es sich gelohnt, der Klang mit der blau gelabelten Valvo6201 und der Valvo ECC83 am Eingang ist super.

Schaltungskonzept

Röhrentechnisch bildet der historische Schaltplan der EMT139 die Grundlage. Schnell ist er auf hifiengine.com zu finden. Die Spannungen werden hinter einem modernen Ringkerntrafo (BTB Elektronik) in einer RC-Kette mit hoher Dämpfung gesiebt.

300V Anodenspannung, UF4007 zur Gleichrichtung, Folien parallel
300V Anodenspannung, UF4007 zur Gleichrichtung, Folien parallel

Die Heizung erfolgt aus einem separaten kleinen 2x9V Ringkerntrafo, um eine saubere und exakt einstellbare  6.3V DC Heizung zu erzeugen (LM317).
Daran schliesst sich die eigentliche Phonovorstufe an, deren Schneidkennlinien mit kleinen Omron G6k Relais geschaltet werden.

Lundahl 1527 EMT139d
Lundahl 1527 zur Symmetrierung – hier noch mit anderem Relais
EMT139d masterboard
….das analoge “mainboard”

Am Ausgang habe ich das Signal mit einem Übertrager (Lundahl) symmetriert, da die gesamte Anlage symmetrisch läuft und zum Teil kritische Distanzen zwischen den Einzelgeräten bestehen.
Seitens des Eingangs kann zwischen MM und MC geschaltet werden. Als MC Stufen können entweder die vorzügliche Leach-head-Amp Stufe oder Übertrager zum Einsatz.

Digitalsteuerung

Über 2 Drehencoder oder wahlweise eine Infrarotfernbedienung erfolgt die Steuerung und Speicherung über einen Arduino nano.
Vom Arduino Mikro habe ich mich wieder verabschiedet, da das Platinenlayout mit dem Nano um Klassen einfacher ist.

Der Preis ist der Einsatz von I2C Modulen (jeweils PCF8574) mit nachfolgender Darlingtonschaltung, da die Ports A6 und A7 zwar ausgewiesen aber nicht beschaltet sind.
Im Nachhinein muss ich sagen, dass es schade ist, dass ich nicht eher auf die Idee gekommen bin.

Der i2c-Bus macht die Erweiterung des Konzeptes einfach. Eine Steuerplatine mit 4 Anschlüssen und die nachfolgenden 8 Zusatzports nach Belieben……….
Was macht nun der Arduino nano:

– Ansteuerung eines 20×2 OLED Display
– Wahl der Eingänge 1-4
Muten des Ausgangs
– Wahl der Schneidkennlinie (RIAA, EMI, TELDEC, linear)
– Anpassen der Abschlussimpedanz des einzelnen MM Kanals (oder MI)
– Anpassen des Abschlusswiderstandes im MC Bereich
– Speichern der vielen Parameter individuell für jeden Eingang

Probleme

Darüber schreibt man ja eigentlich ungern, aber um des Lerneffektes willen mache ich es trotzdem.

1. Problem: ein mechanisch brummender Trafo (alter Telefunken, oft verwendet).
Steht so ein Trafo im Leerlauf auf dem Tisch und brummt hörbar: NICHT in MM Stufen verwenden. Der Mikrofonieeffekt ist ein Problem und das Streufeld ist nicht unerheblich. Viel zu lange habe ich mich diesmal mit der Optimierung des Trafo aufgehalten…..

2. Problem: Verteilung der Enzelkomponenten im Gehäuse.
Es sollten alle Eingänge und Signalführungen möglichst weit von streuenden Komponenten weg aufgebaut werden.
Ein Testen mit einer banalen Drossel am Oszilloskop, die um die Trafos herum probepositioniert werden, zeigen die “Dreckbereiche”

3. Problem: zu dichte Elektronikballung um den Nano herum.
Ursprünglich hatte ich einen Europlatine huckepack auf anderen Komponenten, was gar nicht ging.
Insbesondere die permanente Busaktivität zum Display machte Störgeräusche.
Also kam alles hinter die Front auf eine breitere Platine:

Damit reduzierten sich Leitungen etc….
Und um zu zeigen, was elektronisch noch wichtig ist, der Stromlauf der Digitalelektronik:

– die Adressierung der PCF IMMER mit einem 4k7 Ohm Widerstand gegen +5V legen
– den Eingang des ULN2803 (Ausgang des PCF) mit einem 8Pol SIL 10kOhm gegen +5V legen
– an 100nF Folie bei der Betriebsspannung der PCF/ULN/Nano/Display nicht sparen
Erst mit diesen Massnahmen wurde die Digitalelektronik stabil. Der Blick in die Datenblätter LOHNT!!!

4. Problem: Brummschleifen im Eingangsmodul
Die Eingänge sind hochempfindlich, was Brummschleifen, Einstrahlungen, etc. betrifft.
An allen möglichen und unmöglichen Stellen habe ich die Ursache gesucht. So lange nur ein Eingang das Signal lieferte, war alles im grünen Bereich. Sobald aber elektrisch – z.T. nur über Ground Kontakt bestand, war bei höheren Lautstärken ein Hintergrundbrummen.

Erst die konsequente Schaltung von SIGNAL UND MASSE beendete den Spuk. Das hatte länger gedauert, aber ich erinnerte mich an die SXONO, in der das konzeptionell ähnlich gelöst war.

Schirmung/Leitungsführung

Um unerwünschten Wechselwirkungen mit Digital- und Analogtechnik aus dem Wege zu gehen, laufen alle analogen Signalleitung auf der einen Längsseite des Gerätes und die Digitalleitung möglichst kurz auf der Gegenseite. Also maximaler Abstand!!

SMB Stecker SMB Buchse EMT139d
…hinter bzw. in dem Schirmblech die knifflig zu verlötenden SMB Stecker
Schirmblech auf zentrale Gehäusemasse geführt (weisses Kabel)

Alle steckbaren Signalleitung sind mit SMB Steckern bestückt, um keinen Millimeter ungeschirmter Signalführung zuzulassen.
Die Cinchbuchsen im Eingangsbereich gehen direkt auf die Platine und werden gegen die benachbarten Ringkerntrafo hoch effektiv(!!) mit doppelseitiger gegen Gehäusemasse geführter Kupferplatten geschirmt.

Headamp Leach

Über dieses kleine Wunderding werden viel zu wenig Dinge im Netz geschrieben.
Pro Kanal 2 Transistoren, Betriebsstrom aus 9V Blockbatterie nur 125uA (Mikroampere), und ein Klang, der viele teure Übertrager in die Flucht schlägt.

Die Zuschaltung erfolgt erst mit Wahl des betreffenden MC Eingangs, ein kleines “onboardrelais” sorgt für das Zuschalten der Batterie.
Allerdings braucht das Modul 30 Sekunden, bis es betriebsbereit ist. Das wiederum signalisiert das Display und gibt dann auch erst das Muterelais frei.

Ergebnis

Nun, da er heute läuft, ist das Ergebnis super. Er/sie  – der/die EMT139d – rauscht bei höheren Hörlaustärken nicht, keinerlei Brummen, selbst offene Eingänge rauschen nur dezent, die Programmierung macht jetzt richtig Spass.

Klangeindruck

Warum es so ist, weiss ich nicht:
es ist die am musikalischten und besten klingende EMT139 – Version.
Möglicherweise ist es aber auch der technisch sauberste Aufbau, der hier zum Tragen kommt.

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