Sony PS 2250 – Restauration von Elektronik und Motor

Durch einen Freund neugierig geworden, habe ich einen Plattenspielertyp erworben, der noch nicht in meiner Sammlung war:
Direktantrieb mit AC-Motor und Servosteuerung – der wenig bekannte Sony PS 2250.
Dieses Gerät aus den 70er Jahren dürfte sich zum Geheimtip mausern, wenn man diesen Spieler einmal ordentlich funktionierend  gesehen und gehört hat.

Aber der erworbene Frischling machte schon nach dem ersten Anschliessen Ärger – der Servo bockte im wahrsten Sinn des Wortes – und so musste der Sony-PS-2250 von Grundauf restauriert werden.
Da im Netz nur wenige Informationen zu finden sind, gehe ich den Restaurationsprozess mit Anleitungen und Bildern einmal durch. Sehenswert ist der zerlegte AC-Motor.
Weiterführende interessante Quellen finden sich am Ende des Beitrages.

Auf den beigefügten PUA 114 Tonarm gehe ich an dieser Stelle nicht näher ein.

Funktionsprinzip

Das, was sich die Sony-Ingenieure da ausgedacht haben, war meiner Meinung nach, der Zeit weit voraus.

…..aus vinylengine.com

Der Motor ist ein AC Motor mit außenliegenden Stator und innenlaufender Kupfer”Glocke” als Rotor, die die Tellerachse trägt und die Lagerung am Fusspunkt hat (obiges Bild rechts die kleine Kugel).
Der Stator stellt gleichzeitig die Fixierung des oberen Lagers dar.

Die Betriebsspannung liegt zwischen 0V (Stillstand) – über 22V (Betriebszustand) bis 75 V bei Beschleunigung.
Ein eigenes 80V AC Netzteil liefert den Strom, der über einen Leistungstransistor gesteuert wird, der den Gleichlauf des Motors verantwortlich reguliert (2SA906A).

In der Elektronik (18V Netzteil) erfolgt ein Abgleich des Sinussignals der Speisespannung (230V) mit der Frequenz, die ein Generator liefert, der fest in den Motor verbaut ist.
Das ist die sogenannte Servoregelung!!
Sony hat das sehr ausgeschlafen mit einem eigens entwickelten Mikrokontroller realisiert, der ein Mono Flip/Flop, einen DC Buffer und Phaseninverter,einen Sägezahngenerator und einen Spannungskomparator birgt.

Einzelheiten des Regelvorganges  ist den vorbildlichen englischen Servicemanualen zu entnehmen.

Folge ist, dass der Motor sich geschwindigkeitsmässig in Millisekunden eventuellen Spannungsschwankungen anpasst und damit extrem drehzahlkonstant und zugleich “zupackend” läuft.
Auch das Drehmoment ist nicht schlecht – wenn auch nicht mit moderneren Direkttrieblern zu vergleichen.

Problemstellung

Nachdem ich den Spieler wie ein rohes Ei nach Hause transportiert hatte, lief er zunächst problemlos an – aber nur kurz!
Beim 2. Einschalten brauchte er unendlich, bis sich die Drehzahl stabilisiert hatte. Ausserdem lief er nie länger als 30 Sekunden drehzahlkonstant und machte dann einen Geschwindigkeitsschub.

Mechanisch war nichts auffällig, so dass ich zunächst ein elektronischen Problem vermutete.

Elektronik Revision

Der Blick von unten in das Gerät zeigt den Grundsätzlichen Aufbau:
in der Mitte der massive Motor aus Druckguss.

Innenleben bei geöffenter Servosteuerung und Spannungsversorgung. Links hinter mu-Metall der Trafo

Der Trafo ist clever hängend und schwingungsgedämpft aufgehängt  -sollte aber zum Transport mit 3 Schrauben fixiert werden.

Zunächst habe ich die Sollspannungen nach Servicemanual überprüft. Das meiste war jenseits der Spezifikation – u.a. auch, weil der Vorbesitzer den Trafo auf 220V Speisespannung stehen hatte. Das tat der Elektronik vielleicht nicht so gut…..

…Spannungseinstellung mit Steckbrücke

Die Primärspannungen hinter 2 Brückengleichrichtern aus alten  Doppeldioden bestehend war zu niedrig, so das ich sie mit 1N4007UF Dioden ersetzt habe. Hinter der Spannungsstabilisierung wurden 12V nicht mehr erreicht.

Ersatz der Doppeldioden des Servobausteines
Spannungsstabilisierung

Auf die Gleichrichtung folgt eine einfache Spannungsstabilisierung mit Vorwiderstand und Zenerdiode (Z12), – die alles andere als stabil war.
Permanente Schwankungen um ca. 1-2 V störten mich (und den Mikrokontroller).

Der zweite DC-Puffer und Phaseninverter am Ausgang des Mikrokontrollers wollte genau 9V sehen, erhielt aber über eine Z9 Diode mit Spannungsbegrenzung nur 8,2 V, die auch noch schwankten.

Das machte auf den ersten Blick das pulsierende Verhalten des nachgeschalteten Leistungstransistors plausibel.

Nach einiger Überlegung habe ich kurzentschlossen die Zenerdiodenregelung aufgehoben und zwei Positiv-Spannungsregler (7812 und 7809) eingesetzt.

…vor dem grossen Elko an Stelle der Zenerdioden Widerstände sitzen jetzt die Spannungsregler – der Massekontakt der Spannungsregler ist über das Gehäuse der Spannungsregler realisiert

Um hochfrequentes Schwingen zu verhindern, wurden sie mit 100nF gegen Masse geblockt. Das tut der Elektronik sehr, sehr gut!!!
Der Ersatz der Z-Dioden durch die Spannungsregler  erfolgte einfach an Stelle der ausgelöteten Zenerdioden-Vorlastwiderstände (R8, R26).

Sony PS-2250 Elektroniok Revision
3 Keramik-C blocken die Spannunsgregler gegen Schwingungen

Damit wurde das Verhalten der Servosteuerung besser, aber noch immer nicht gut.
Der Tausch aller Elko’s gegen Panasonic FM und der Tausch der Mylarfolienkondensatoren gegen Wima’s Folien half weiter, aber es war immer noch nicht okay.

Halbleiter

Also wurden die alten Dioden gegen 1N4148 und die Transistoren gegen Kleinsignal-Äquivalente (BC 544, BC560) getauscht.
Bereits nach Tausch von Q1 und Q2 im Differenzverstärker tat sich etwas entscheidendes.
Die Servoregelung schwankte nur noch sanft, der Motor stand in 2 Sekunden nach Start auf Solldrehzahl. Endlich Erfolg!!
Bis auf den Mikrocontroller und Widerstände war alles getauscht.

Mikrocontroller als Herzstück

Aber die komplette elektronische Revision liess den Teller immer noch nicht stabil drehen.
Da ich den Frequenzgenerator oder ein mechanisches Problem im Motor ausschließen wollte, musste derselbe geöffnet werden. Aber wie?

Motor Revision

Die längere Suche im Netz bot nur 3 Fotos auf Vinylengine, die das Innenleben des Motors zeigten.
Eine Weile rätselte ich, wie der Motor zu öffnen sei, ohne ihn auszulöten.
Dann half der Zufall:

– durch Verkanten des Haupttellers hatte ich auf einmal einen Subteller gelöst, der den Frequenzgenerator verdeckte

Sony-PS-2250 Frequenzgenerator
….hinten die schraubbare Tellerachse, die als Öleinfüllung dient, silbern der Subteller, messingfarben der Frequenzgenerator

– nach Lösen der Öleinfüllöffnung – die Zugleich Plattentellerachse darstellt – kann der magnettragende Subteller gelöst werden, so dass der Frequenzgenerator frei liegt

– 4 kurze Schrauben werden gelöst, so dass der Frequenzgenerator beiseite gelegt werden kann (leider kein Bild gemacht)

Sony PS-2250 Stator
….copyright vinylengine: der Stator, sauber gewickelt und selbstjustierend beim Rückbau

– nun sind 4 lange Schrauben zu lösen, die den Stator lösen, so dass er ebenfalls durch Kippen über die Tellerachse beiseite gelegt werden kann

– nun den Rotor VORSICHTIG ohne Verkanten aus dem unteren Lager ziehen

Sony PS-2250 Rotor
….copyright vinylengine.com: der Rotor von unten, der kugeltragende Teil wird in das untere Lager eingeführt

– das gibt den Blick auf eine kleine Ölwanne frei, die entfernt werden muss, um mit den letzten 3 Schrauben das untere Lager zu lösen

Sony PS-2250 Motor Ölwanne und unteres Lager
…..copyright vinylengine.com: das untere Lager und die Ölwanne

Nun kann das untere Lager gesäubert und mit frischen Öl gefüllt werden – evtl. nach Tausch des Lagerspiegels.

Der Rückbau erfolgt unproblematisch in umgekehrter Reihenfolge. Beim Aufsetzen des Stators den Rotor vorher vorsichtig in das ölgefüllte untere Lager “pressen”.
Der Rotor justiert sich im Stator selbstständig.

Thermoregulation der Drehzahl

Die Umschaltung der Drehzahl und die Feinregulation erfolgt über ein etwas komplexeres RC Glied. In diese Kette ist unter anderem ein 240 Ohm Thermistor verbaut, der die Drehzahl bei wechselnden Temperaturen konstant halten soll.
Im Ursprungszustand ist der Thermistor in unmittelbarer Nähe der 9V Zenerdiode und der benachbarten Dioden verbaut.
Der Thermistor soll die Drehzahl auch im Kaltzustand halten.
Ich habe den Thermistor belassen, andere Mitstreiter ersetzen ihn durch einen 240 Ohm Widerstand.
Geschickter halte ich das einmalige Einstellen nach Servicemanual im betriebswarmen Zustand – und vermeide Korrekturen nach dem “Kalt-Start”. Wir reden hier über maximal 1/3 Umdrehung pro Minute, die sich nach ca. 10 Minuten stabilisiert hat.

Gesamtergebnis

Einmal zusammengebaut dann der spannende Augenblick!
Der Motor startet in knapp 2 Sekunden auf Solldrehzahl und hält sie sofort stabil ein.

Nach einigen Stunden Laufzeit hat sich das Lager gesetzt und das Stroboskop steht wie die berüchtigte “1”.

Da schlägt das Restauratorenherz höher. Wieder ein Spieler gerettet – und verbessert!

…copyright audioScope: so schaut meiner nun auch mit Haube aus, die gerade aufgearbeitet wird
Musikalität

Das ist – wie immer – subjektiv. Der Sony-PS-2250 hat den Charakter eines Direkttrieblers mit dem Biss der Reibradler. Das gefällt mir.

Der Sony PS-2250 mit dem PUA 114 Arm und einem Nagaoka MP 200 spielt er zauberhaft!
Hinzu kommt der geschickte Aufbau des PUA Tonarms, der sich super mit dem Nagaoka verträgt. Die Berechnung der Resonanz mit den Tool aus Vinylengine hat wieder super geklappt.
Ihn in die Reihe der anderen Spieler einzuordnen ist nicht so einfach, ich mag ihn und höre gerne damit!
Und das Preis/Leistungsverhältnis war (und ist) sehr verlockend!!

Quellen

https://audiokarma.org/forums/index.php?threads/sony-2251-2250-owners-thread.419663/#post-5356000

https://audiokarma.org/forums/index.php?threads/mackats-new-sony-ps-2251-new-thread-with-pictures-and-a-video.412218/

http://www.matuschek.net/sony-tts-2500/