Seit dem seinerzeit äußerst günstigen Erwerb einer Studer B67 Mk1 ging ein Thema einher, das ich ehrlich gesagt lange als unlösbar geschoben habe.
Da ich nicht so gerne mit Mischpulten arbeite, benötigt die Maschine ein ” VU-Meter Studer B67 “, um abseits des Studiobetriebs zuverlässig einsetzbar zu sein!!
Beim erneuten Studium eines speziellen Dokumentes des öffentlichen Studer ftp-Servers fiel es mir dann wie Schuppen von den Augen, wie genial die Ingenieure seinerzeit vorgedacht hatten.
Jetzt wurde es klar, wie das Unternehmen VU-Meter Studer B67 mit wenigen Schritten zu realisieren sein könnte.
Vorarbeiten
Durch die Revision einer “auswärtigen” B77, bei der ein Aussteuerungsinstrument defekt war, kam das Thema für die eigene Studiomaschine wieder auf den sprichwörtlichen Tisch .
Das gute alte Stück war ja mechanisch ordentlich in Schuss, und die Elektronik besteht nahezu ausnahmslos aus Standardbauteilen.
Also wurde vom Netzteil beginnend, über die Laufwerklogik, den Zähler bis hin zur Audioelektronik alles sorgsam revidiert.
Der Ausbau von Bauteilgruppen oder den Steckkarten ist unkompliziert und dank Servicemanual bei konzentrierten Arbeiten auch sehr überschaubar.
Aber auch hier:
die Platinen beim Aus- und Einlöten wie rohe Eier behandeln!!
Und eine Falle:
am ungeregelten Netzteil gibt es einen offenen Anschluß für eine Monitorkarte, die bei diesem Gerät nicht verbaut ist.
Keinesfalls versehentlich den Spannungsanschluss der Zählerkarte beim Rückbau in diesen Port stecken.
Damit hatte ich die Counterkarte “gehimmelt”, aber glücklicherweise nur den Zählerbaustein SJ74LS193…..
Im Netzteil wurden alle Gleichrichter und sämtliche Elko’s ersetzt, was bereits im ungeregelten Netzteilbetrieb Sollwerte bescherte.
Also, ran an den Speck und das Sinnvolle und Notwendige durchrevidieren.
Zum Stabilizer kommt später noch eine wichtige Bemerkung!
Nach Einmessen nach SM nun der Schwenk auf das VU Meter…..
Theorie der VU-Einheit der Studer B67
Beim Stöbern durch die auffindbaren Dokumente tauchte dieses Symbolbild auf:
Das Studium dieses Bildes entschlüsselte das Prinzip:
sowohl im Aufnahmeverstärker als auch im Wiedergabeverstärker wird das Signal in der “ersten” Verstärkergruppe um +6dB angehoben.
Der Spannungsteiler aus 3,3k/6,8k reduziert das Signal dann auf den Zielpegel 0 dB (Rechner bei digikey.com).
Und der Trick der Ingenieure: der Widerstandsteiler ist STECKBAR auf dem mainboard gesetzt!!
Der Rest war dann nur noch Planung und Umsetzen des Kerngedankens. Und der besteht darin, durch Drücken der cal-Taste den fixen Spannungsteiler durch das Variable externe Poti zu “ersetzen”, und die zusätzlich vorhandenen +6dB headroom zu nutzen.
Interessant, dass das VU-Signal am Ausgang der Reproduce-Amp-Karte vor dem Monitorbaustein abgegriffen wird.
Der HF Filter aus Drossel und Kapazität hält wohl die Oszillatorfrequenz fern, alles andere ist mechanische Schaltung.
Die Ansteuerung des VU Meters (sifam) habe ich allerdings zeitgemässer Elektronik überlassen und eine Peakmetersteuerung eingesetzt, die logarhythmisch arbeitet und auch die auch negativen Halbwellen erfasst.
Um aber auch andere VU Meter nutzen zu können, ist die Schaltung universell ausgelegt.
Ein Vorteil der Sifam-VU’s: sie sind auf 775mV / 0dB vorgeeicht.
Praktische Umsetzung
Das gewählte VU-Meter und die Alps Potis geben die Architektur der Frontplatte vor.
Insbesondere die VU müssen sehr genau positioniert werden, da sie tief ins Gerät ragen und die Steckkarten fast berühren. Das ist “mm-Planung”.
Die Miniplatinen auf den cal/uncal Schlafaugenschaltern habe ich so designed, dass die Anschlüsse leicht erreichbar sind, und der fixe Spannungsteiler einfach auf diese Platine “umzieht” (der 6 polige Anschluss auf dem Bild unten).
Die Platine wird direkt auf den Schlafaugenschalter gelötet.
Die Kabelverbindungen mittels Molexsteckern habe ich aus dem “Abfall” einer Revox-Schlachtmaschine gewonnen.
Der VU-Amp und das Peakmeter
Hier durften aktuelle Bauteile in Form von OpAmps, SMD Bauteilen und modernerer Schaltungstechnik zum Zuge kommen (an Stelle von Übertrager und Reduziergliedern)
Diese Platine wird ihren Platz so finden, dass sie im freien Teil zwischen Repro-Amp- und Record-Amp-Gruppe untergebracht ist.
Sie wird als Europlatine eingeschoben, die Trimmer sitzen entsprechend den Vorbildern, so dass bei heruntergeklappter Front, Trimmer und Anschlüsse bedient werden können.
Mit einem trimmer wird die Sensitivität der Gesamtschaltung abgeglichen, mit 2 weiteren Trimmern das VU Meter auf 0dB und die Peakanzeige auf +6dB eingestellt.
Die Spannungsversorgung erfolgt vom Stabilizer, dem die Studer Leute bereits 3 Versorgungspins spendiert hatten (weise Voraussicht).
Kopfhörerverstärker
Um dieses Gimmick nachzurüsten, ist genug Platz vorhanden. Allerdings habe ich das 2 x 17V Netzteil ausgelagert, um den alten Trafo der B67 nicht zu sehr zu fordern.
Ausserdem bleiben Störstrahlungen des diskret geregelten Netzteils aussen vor.
Stromanschluss und Kopfhörerbuchse nebst Lautstärkepotentiometer finden sich an der Oberseite der Maschine, wo der VU-Bridge-Anschluss vorgesehen war.
Fräsen und Bestückung der VU-Meter-Frontplatte
Dies ist sicher der herausfordenste Teil, gelingt aber bei vernünftiger Planung prima.
Selbst die Einhänge”scharniere” sind auf die neue Front übertragbar.
Die Potentiometer werden mit kurzen Molexsteckkabeln versehen und haben minimal kurze Weg zur Trägerplatine.
Der Kabelbaum zur VU-Meter-Amp/Peakmeterplatine…….
Alles ist sehr überschaubar und aufgeräumt aufgebaut.
Die Steckkarten sind wie gewohnt zu ziehen oder abzugleichen.
Nach ziehen und Umstecken der Spannungsteiler wird eine Verbindung zu den Schlafaugenschalter hergestellt – wie oben beschrieben.
Zum VU-Amp wird die Signalleitung der Monitorplatine getrennt (einfaches Ausstecken!!) und in die VU-Platine gesteckt.
Fertig!!
Schlussfolgerung
An der Studer B67 selber ist nichts gelötet oder modifiziert worden – das war und ist mir ganz wichtig.
Es sind nur Steck- bzw. Kabelverbindungen gelöst und umgesteckt worden.
Damit gelingt auch ein Rückbau problemlos.
Die Maschine ist an den wichtigen Stellen neu bestückt klanglich auf Top-Niveau, die Messwerte können sich echt sehen lassen!!!
Abgleichvorgang
Nach dem endgültigen Aufbau wird über einen Signalgenerator ein 400Hz Signal mit 775mV eingespeist.
Dabei sind die Schlafaugenschalter auf “cal” geschaltet – also der rote Punkt nicht sichtbar!!
Die Abgleichtrimmer für das VU Meter und die Peakanzeige stehen in Mittelstellung.
Mit dem Sensibilitätstrimmer wird das VU-Meter auf 0dB abgeglichen, u.U. mit Feinabgleich über das VU-Trimmpotentiometer.
Dann wird der Pegel auf +6dB erhöht, und die Peakanzeigen über die Peaktrimmer so abgeglichen, dass sie gerade “anspringen” und kräftig leuchten.
Danach steht dem Betrieb nichts mehr im Weg!!
Folgende Schaltzustände haben sich bewährt:
– Recordbetrieb:
Aufnahme im uncal-Betrieb, Wiedergabe im cal-Betrieb
Abgleich mit den Aufnahmepotis auf Spitzenpegel
Start der Aufnahme
Umschalten auf Reprobetrieb -> Hinterbandkontrolle!!
– Repoducebetrieb:
Wiedergabe im uncal-Betreib und Abgleich auf die nachfolgenden Komponenten über die Wiedergabepotis
Material
– VU-Meter der Marke Sifam (Donaudio.com)
– Alps Potentiometer 10k logarhythmisch (Reichelt)
– Schlafaugenschalter aus aktueller Produktion (ITT-Schadow)
– Dual-LED für Betriebszustand
– 4mm Acrylglas glänzend
– 2 “Huckepackplatinen” auf den Schlafaugentastern
– 1 relaisbestückte Umschaltplatine in Einschubtechnik
– 1 VU-Meter/Peakmeter-Platine
– 1 optionale Headphone-Amp Platine
Gesamtkosten: ca. 200 Euro